Meine neue DSLR
(engl. für Digital single-lens reflex)

.......wann stelle ich was ein?......

Viele Emails von "frisch gebackenen Fotofans im Lager der DSLR-Piloten" erreichen mich mit einer ähnlichen Fragestellung, wie die von Fotofan Steven:

>> guckst Du HIER für Steven´s Rubrik in der Fotoschule <<


Ich habe inzwischen verstanden, warum die Unsicherheit mit der neuen DSLR in den Händen so groß ist....

Vor Jahrzehnten, als man noch Filmstreifen in eine Spiegelreflexkamera fummeln musste (ja, sowas gab es mal), waren die SLR im Grunde genauso aufgebaut, wie heute. Damals war die Unsicherheit aber komischerweise nicht so hoch.

Wie kann das sein?

Ich glaube, damals war die Erwartungshaltung frisch gebackener SLR- Piloten eine andere. Heute knipst "jeder" mit kleinen Vollautomaten und bekommt automatisch Bilder, von denen man damals oft träumte. Und das selbst ohne einen Hauch von Fotoverständnis, selbst mit einem Fotohandy. Man muß sich einfach mal bewusst machen, was heutige Digicams durch enthaltene Programmautomatiken an Fotowissen übernehmen. Sie lösen erst aus, wenn Tante Gerti lächelt, erkennen automatisch, daß ihr Gesicht im Schatten liegt und zünden einen unterstützenden Aufhellblitz und passen dann noch die Blende automatisch an, um eine geringe Schärfentiefe zu erzielen. Bei Sportaufnahmen wählt der kleine elektronische Alleskönner automatisch kurze Verschlußzeiten und wenn das Licht allmählich kritisch wird, verändert die Digicam die "Filmempfindlichkeit" (sprich ISO-Anpassung) und gleicht sogar noch Dein Händezittern aus.
Diese Liste geht noch fröhlich weiter....

Schwarzweißfotos sind heutzutage viel einfacher zu machen, als es noch in analogen Zeiten üblich war.
Damals musstest Du Deine Kamera mit einem entsprechenden Film füttern und konntest nicht einfach zwischendurch sagen: “...och ja, das mache ich jetzt mal in Farbe und die nächsten drei Fotos wieder in Schwarzweiß....”
Tipps zur Schwarzweißfotografie findest Du in der Rubrik Schwarzweiß

Nun kommt ein derartig verwöhnter Digicam-Knipser (nicht falsch verstehen, ist nicht negativ gemeint...) auf die glorreiche Idee, eine DSLR zu kaufen, um noch mehr und noch bessere Fotos zu bekommen und rummst urplötzlich vor eine Wand.
Je teurer eine DSLR wird, umso weniger illustre Szenenprogrämmchen und Automatiken "kann die". Auf einmal muß man sich mit den Grundregeln der Fotografie beschäftigen, sonst geht gar nichts mehr.
"Damals" konnten kleine Sucherkameras kaum was selbst und automatisch und jeder Fotofan, der gute Fotos haben wollte, setzte sich zwangsläufig mit den Grundregeln der Fotografie auseinander und kaufte sich dafür eine Spiegelreflex. Nach und nach, mit vielem Üben und mächtig Frust, kam langsam das Verstehen und man wurde allmählich besser.

Irgendwann, bei der einen schneller, bei dem anderen etwas langsamer, saß es dann drin und man wusste, was man in etwa einzustellen hatte. Und genau mit diesem Umstand schlagen sich DSLR- Anfänger heutzutage auch wieder rum. Oft fällt auch der Satz, daß die kleine IXUS viel bessere Bilder macht, als die große EOS. Das ist leicht nachvollziehbar, denn die kleine IXUS hat in ihrem Mikrochip mehr Grundlagenwissen stecken, als der unbedarfte DSLR- Anfänger. Vermutlich wird so mancher Fotofan jetzt etwas pikiert dreinschauen und ich hoffe, Du gehörst nicht dazu, wenn Du diese Zeilen liest. Aber wie schon an zahlreichen anderen Stellen der Fotoschule beschrieben, kommst Du um das Erlernen der Zusammenhänge von Blende, Verschlußzeit, ISO, Schärfe und Motivbeurteilung nicht herum;

definitiv NICHT!

Und ebensowenig gibt es eine Art "Einstellschablone für DSLR", die auf jedes Motiv anwendbar ist. Der Wunsch danach ist doch eigentlich eher der Wunsch nach den vermissten Szenenprogrämmchen der Digicam, die man je nach Motiv einstellt....



       Abeeeeeeerrrrrrr.......

.... um sich langsam an die richtigen Einstellungen heranzutasten, brauchst Du allerdings ein paar Ausgangswerte. Gemeint sind grobe Einstellungswerte, die sicher fast immer etwas abweichen werden bei dem speziellen Motiv vor Deiner Linse, im Grundsatz aber die Tendenz vorgeben. Die Problematik dahinter, habe ich Steven bereits in meiner Antwort-Mail verdeutlicht:


--->-------Zitat-------------->------------schnipp--------------->------------------------>>

Ein Beispiel, das die Zusammenhänge, aber auch die feinen Unterschiede deutlich macht:
Du möchtest ein Portrait von Tante Gerti fotografieren, draussen auf der Wiese vor´m Marienkäferzuchtverein
Das mal als grober Rahmen bzw. Grundidee.
Tante Gerti soll schön wirken, daher möchtest Du gerne den Hintergrund unscharf haben. Bis zu diesem Zeitpunkt würde Deine Kamera in Programmautomatik, ohne daß Tante Gerti als Portrait bildinhaltlich erkennbar ist, folgende Programmeinstellungen für "Landschaft" bei Sonne nehmen:
ISO 200 1/250sec f8
Nun soll Tante Gerti schön wirken, der Hintergrund verschwimmen. Du willst also eine geringe Schärfentiefe. Die beeinflußt Du durch die Wahl der Blende, denn die ist das entscheidende Stellglied für die Schärfentiefe:
Blende f2,8 muß her, so folgen als weitere Einstellungen ISO 200 und 1/1000 sec.

Da Tante Gerti noch komplett aufs Bild kommt, Du aber ein Portrait willst, zoomst Du sie per Tele langsam ran. Da das Objektiv aber im Telebereich weniger lichtstark ist, ergibt sich als kleinste Blende (also Blende komplett geöffnet = kleinste Blendenzahl) "nur" noch f5,6. Das heisst, ISO 200 und 1/500sec, vielleicht auch 1/350sec. Nun soll das Gesicht aber schön glatt werden und möglichst kein Rauschen zu sehen sein, also drehst Du den ISO-Wert ganz runter: ISO 100. Das führt zu einer weiteren Anpassung: f5,6 1/250sec.
Das könnte nun ein gutes Bild werden. Wenn aber nur eine Wolke vor die Sonne zieht, ist es schon wieder hin mit Deinen Werten. Auch kann ein gleiches Szenario am nächsten Tag zur gleichen Uhrzeit ganz anders aussehen, weil die Luft diesiger ist oder die Sonne nicht so intensiv scheint. Hinzu kommen Überlegungen, ob Du ihr Gesicht per Reflektor oder zusätzlichem Blitz aufhellen möchtest. Bei der Blitz-Variante mußt Du Dich an die Blitzsynchronzeiten halten, die Dir eine Veränderung der Verschlußzeit und ein nachfolgendes Abweichen von Deiner Wunschblende oder des ISO- Wertes zwingt. 
Und mal ganz doof daher gesagt, aber gar nicht so abwegig:
was ist, wenn Tante Gerti gerne ihren schönen Sommenhut tragen möchte? Dann liegt ihr Gesicht im Schatten des Hutes und Du fängst mit der schönen Rechnung wieder ganz von vorne an  :-(

<<-----------------------------------<------------schnapp---------------<------------------<------


Was aber bei "allen" Portraitfotografien als Tendenz einzustellen ist, heißt offene Blende (kleine Blendenzahl, je nach Objektiv f2,8 oder f3,5). So sind auch die weiteren Einstellhilfen (weiter unten im Text) für Deine DSLR zu verstehen.

Auch für Sonnenuntergänge gibt es grundsätzliche Einstellungen an Deiner DSLR, Tipps dazu findest Du in der Rubrik Sonnenuntergang

Wann stelle ich was ein?
Ein paar Einstellhilfen als Tipps:

1. Portraitfotografie draussen, Sonne, Gesicht hell
f3,5  ISO100 leichtes Tele 85 - 100mm (äquiv. Kleinbild) Zeitautomatik nutzen

2. Portraitfotografie draussen, Sonne, Gesicht im Schatten
f3,5  ISO100 leichtes Tele 85 - 100mm (äquiv. Kleinbild) Aufhellblitz  Zeitautomatik nutzen

3. Ähnliche Motive, bei der Du eine geringe Schärfentiefe erreichen willst (motiv scharf, Hintergrund unscharf)
f3,5  ISO100 Tele nutzen, je länger die Brennweite, umso geringer die Schärfentiefe  Zeitautomatik nutzen

4. Landschaftsfoto, Sonne, möglichst große Schärfentiefe (alles soll scharf sein)
f8  ISO100  Weitwinkel 28mm (äquiv. Kleinbild) Zeitautomatik nutzen

5. Sportbild, Bewegte Motive, Sonne
1/250 sec oder kürzer  ISO200 (je nach Qualität der Kamera ISO400)  Tele nach Bedarf und Motiv   Blendenautomatik nutzen

6. Belichtungsreihe für HDR-Foto anfertigen
f5,6  ISO100  Stativ  Zeitautomatik nutzen  --> 1. Bild fotografieren, eingestellte Verschlußzeit merken und zwei weitere Bilder fotografieren, eins mit der nächstkürzeren Verschlußzeit, eins mit der nächstlängeren  Nicht die Blende, Brennweite, Schärfe, den Kamerastandpunkt verändern  RAW wählen

7. Blaue Stunde bis Nachtaufnahme
f5,6 ISO100  Stativ  Zeitautomatik nutzen Fernauslöser oder Selbstauslöser verwenden  MF (Manual Fokus)


Viele weitere Tipps bezüglich der richtigen Kameraeinstellungen findest Du in den jeweiligen Rubriken der Fotoschule (z.B. Mond, Feuerwerk, Gewitter, Konzerte, MotoCross etc.).
 

Weitere Links zum Thema DSLR


Von der Digicam zur DSLR (Tipps für Umsteiger)

Allen DSLR-Neueinsteigern empfehle ich die Rubrik “Der DSLR-Foto-Virus”

Die große Unsicherheit rund um die Digitalfotografie

Zahlreiche Tipps zum Gebrauchtkamera- Kauf

mehr zum Thema Kamera....

Sonderthema Digitalfotografie contra Analogfotografie

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Ist eine digitale Spiegelreflexkamera eigentlich unbedingt nötig?
Lies hier eine Leser-Email zum Thema
 

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