Vieles haette ich verstanden, wenn man es mir nicht erklaert haette

Lost Places - rottenplaces

... die vergessenen Orte ...

Lost Places, da gibt´s gleich zwei, die Dir spontan einfallen:
Tante Gertis Küche und eigentlich die gesamte Wohnung.

Die zählen heute aber nicht...

Aber fangen wir vorne an.
Die beliebtesten Fotomotive sind schöne Landschaften, fröhliche Gesichter und prachtvolle Bauten. Wenn Du es nicht darauf anlegst, den Traumstrand von seiner schönsten paradiesischen Seite, sondern mit den hässlichen Beton-Bettenburgen und Touri-Grill-Liegen-Batterien zu fotografieren, fällst Du bereits auf. Zeigst Du nicht die schönsten und herausgeputzten Ecken der Stadt, sondern die Drecklöcher und das Elend, fällst Du noch mehr auf. Und sollten Deine Portraits keine hübschen jungen Models mit gephotoshopter Einheitshaut und Strahle-Iris, sondern natürliche, erschöpfte, vielleicht sogar weinende und verzweifelte Menschen zeigen, bist Du entweder einer der drei bekanntesten Fotografen unserer Zeit oder auffallend auffällig...

Möglicherweise bist Du aber gar nicht so anders, sondern nur gelangweilt von dem immer gleichen Motiv-Angebot in Deinem Leben. Schöner Urlaub, gute Freunde, viele Bekannte, das jährliche Stadtfest, Frühling, Winter mit Schnee, Die Blaue Stunde, Blümchen in allen Farben und schwarzweiß, hier mal´n Makro, da mal ´ne Langzeitbelichtung vom Bach, dort mal´n Tele-Löwenfoto im Zoo ...

Dir fehlt der Kick?

Ein ausrangierter Schienenbus im ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerk in Schwerte-Ost.

Ein ganz altes Foto aus den 80ern, fotografiert auf Schwarzweißfilm.
Ein ausrangierter Schienenbus im ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerk in Schwerte-Ost.

Oder packt Dich die Neugierde, der Reiz am Ungewissen, das Gedankenspiel mit längst Vergessenem?
Dann wird es Dich früher oder später zu einem der zahlreichen Lost Places ziehen. Lost Places sind verlassene Orte, Häuser, Ruinen oder Industriegebäude, die durch ihre morbide Ausstrahlung eine unvergleichliche Faszination ausstrahlen. Manche Lost Places, die fotografischen Perlen, sind irgendwann mal so verlassen worden, als hätten sich die Menschen seinerzeit in Luft aufgelöst. Sie zeigen Dir heute die Welt von damals, als wäre sie noch existent.

Andere Lost Places bewegen sich eher in die andere Richtung und tragen den Namen rottenplaces, sind verfallen, teilweise zerstört und verschmutzt, entfachen aber nicht minder ihren Reiz. Das Spiel mit dem Unbekannten, das Suchen und Entdecken des Besonderen und das Fotografieren von Geschichten des vergangenen Lebens haben das Potenzial, Dich mental ordentlich zu fesseln. Ich kenne einige Fotofans, die im Grunde nichts anderes mehr fotografieren, als Lost Places. Sie planen ihre Urlaube in Gegenden, wo sie entweder wissen, dass sie fündig werden, oder aufgrund historischer Vorgaben fest davon ausgehen, neue Motive zu entdecken.

Ein recht gefährlicher Lost Place im Süden von Dortmund. Das Haus war schwer zu erreichen, die wild wuchernden Pflanzen ließen mich kaum rankommen. Im Haus war alles total marode und morsch, was ein halbwegs verantwortungsvolles Fotografieren nicht zuließ. Ich habe dann die Vernunft siegen lassen und es vorgezogen, hier besser nicht weiterzumachen.

Interessant ist es auf jeden Fall und wenn Du auf der Suche nach dem fehlenden Kick bist, steht Dir hier eine spannende Herausforderung bevor. Die umspannt einige Bereiche der Fotografie, aber betrifft auch Deine körperlichen Fähigkeiten.

Vor einigen Jahren, Mitte der 80er, haben mich bereits die Lost Places magisch angezogen. Damals gab´s allerdings noch nicht die ganzen bekloppten Namen und so waren meine Lost Places und rottenplaces ganz profan: das ehemalige Eisenbahnausbesserungswerk und die verfallene Rohrmeisterei in Schwerte. Da zog es mich magisch hin, zeitweise hatte ich drei Kameras mit unterschiedlichen Objektiven dabei (Zooms gab´s kaum und wenn, dann nur grottenschlecht; so trug jede Kamera eine andere Brennweite). Die Hallen des Eisenbahnausbesserungswerk waren teilweise recht gut erhalten, die reiche Fülle an Foto-Motiven begeisterte mich.

In der Rohrmeisterei sah das schon anders aus, nicht was die Motive anging, aber was den Zustand betraf. Freies Klettern in vier Metern Höhe war angesagt, Decken und Böden waren richtig morsch. Das habe ich dann leider auch erfahren, bin an einer Stelle eingebrochen und “nur” gut zwei Meter tief gefallen. Der Aufprall hatte es dann umso mehr in sich, da ich in ein Holzbrett trat, durch das mehrere rostige Nägel schauten. Einer davon steckte in meiner Ferse. Und Du kannst Dir sicher denken, “was noch mehr schmerzte”: meine schöne Praktika hat es voll erwischt. Aber die mochte ich eigentlich eh nicht wirklich und so hatte ich einen Grund, mal wieder in eine neue Kamera zu investieren.

Heutzutage ist die Rohrmeisterei, wie viele andere Industriestätten des Ruhrgebietes, zu einem Kunst- und Kulturzentrum umgebaut worden und lässt nur noch erahnen, wie es hier mal ausgesehen haben muss. Dieser Lost Place ist inzwischen lost.
Ein ähnliches Schicksal ereilte diverse industrielle Lost Places in NRW, aus jeder Industriehalle wurde ein kulturelles Irgendwas gemacht; fotografisch wertlos.

Phoenix West in Dortmund

Phoenix West in Dortmund

Das sieht im Osten, im Bereich der neuen Bundesländer, deutlich anders aus. Hier gibt es auch heute noch die stillgelegten Fabrikhallen, verlassenen Kasernen und verfallenen Sanatorien. Das ist sicher geschichtlich bedingt, was die Sowjets seinerzeit in ihrer Besatzungszone nicht als Reparationsleistungen demontierten, raffte im weiteren zeitlichen Verlauf die Mangelwirtschaft der DDR dahin. Den Garaus machte den meisten Stätten dann die Wiedervereinigung mit ihren Spekulanten, Investoren und schlichtweg die Tatsache, im westlichen Wettbewerb nicht mithalten zu können. So wurden zuhauf ganze Firmen, Mietshäuser, Wohnstätten und Kliniken aufgegeben und fortan kümmerte sich keiner mehr drum. Genau so erscheinen viele dieser Orte heute. Die Menschen sind einfach gegangen. 





Lost Places - rottenplaces - Was solltest Du beachten, was solltest Du wissen?  


Wie bereits geschildert, ist die erste Hürde unterschiedlich schwer zu bewältigen:

1. Lost Place finden

Manche Fotofans wohnen in unmittelbarer Nähe und haben "ihren" Lost Place bisher nur als schäbigen runtergekommenen Schandfleck im Ort kennengelernt. Hier fotografisch aktiv zu werden, kam vielen Fotofans nie in den Sinn. Andere Fotofans müssen da schon weiter weg und können direkt eine Fotoreise planen, da es im nahen Umfeld nichts in Richtung Lost Places gibt. Lost Places werden inzwischen sogar als geführte Event-Touren für Fotografen im Web angeboten. So eine Art Pauschaltourismus zum geheimen verfallenen Ort, was in meinen Augen irgendwie ein Widerspruch ist. Ob Du das Internet nur nutzt, um Dir mögliche Lost Places anzuzeigen, oder gleich eine ganze Tour buchst, bleibt Deinem Geschmack überlassen. Die geführte Tour bringt Dir auf jeden Fall ein paar grundsätzliche Sicherheiten, was die liebe Paragraphen-Welt angeht. So gesehen hat das Pauschal-Event durchaus einen positiven Effekt.
Der abenteuerliche Entdecker-Kick bleibt da aber sicher auf der Strecke...

Korfu

Zwei Fotos aus den Olivenwäldern Korfus, die eher in den Bereich rottenplaces gehen.

Korfu

2. Wie kommst Du hinein, wem gehört es, wie sind die Rechte am Motiv?

Auch wenn die Hütte noch so runtergekommen ist, irgendjemandem wird sie gehören. Hast Du die ausdrückliche Genehmigung vom Eigentümer weder für das Betreten, noch für´s Fotografieren und gehst trotzdem hinein, kann das möglicherweise ein negatives Ende nehmen. Nicht nur, dass Du strenggenommen irgendwo einbrichst, könnten sich Deine ergatterten Fotos als echte Highlights entpuppen.

Nehmen wir mal an, der junge moderne aufstrebende Touristenort Bad Schräpenbüddel schickt sich in langen und zähen Verhandlungen an, endlich den hochdotierten Zuschlag für das 5*-Hotel am Strand zu bekommen und träumt bereits von Tausenden neuen Touristen im Ort. Da wenig Kohle in der Stadtkasse Bad Schräpenbüddels ist, konnte man sich auch noch nicht der alten Kasernen-Überreste im schönen, ans Meer grenzenden Kiefernwaldes, der zahlreichen Bunkeranlagen und der asbestverseuchten angrenzenden Farbenfirma aus der Nachkriegszeit entledigen. Ein hoher Holzzaun als Sichtschutz muss reichen, um Touristen fernzuhalten, ansonsten wird in Bad Schräpenbüddel nicht viel darüber gesprochen. Jetzt kommst Du mit Deinen zum Highlight aufsteigenden perfekten Lost Places Fotografien aus den Katakomben von Bad Schräpenbüddel.

Was meinst Du, was der Investor mit dem 5*-Hotel machen könnte?
Er wird überlegen, ob Bad Schräpenbüddel mit seinen ganzen Altlasten der richtige Ort für sein Hotel sein wird. Wenn sich jetzt herausstellt, dass Du Dich durch den Zaun geschlichen hast, indem Du ein paar Drähte und Holzplanken aufgeschnitten und ohne jegliche Genehmigung überall fotografiert hast, kann das eine recht umfangreiche Schadensersatzforderung geben.

Andererseits stellt sich natürlich immer die Frage, inwieweit man Deinen Fotos überhaupt die tatsächliche Quelle entnehmen kann. Morbide Zimmer, verfallene Fabrikhallen und zerstörtes Interieur kann theoretisch überall fotografiert worden sein. Und spannend ist so eine Aktion natürlich auch...

3. Was kann Dich vor Ort erwarten, wie sorgst Du für Deine Sicherheit?

Diesen Punkt habe ich noch vor die Wahl der richtigen Fotoausrüstung gesetzt, da so mancher Fotofan gar nicht mehr dazu kam, seine Fotoausbeute auf der SD-Karte wieder mit nach Hause zu nehmen. Du solltest entsprechend gekleidet sein, festes Schuhwerk tragen und ein Handy dabei haben. Da es in verlassenen Kellern, Bunkern oder an den Fenstern zugenagelten Räumen mitunter stockdüster ist, empfiehlt sich eine leistungsfähige Taschenlampe. Ich nutze übrigens 3 Watt-LED-Lenser, die klein, leistungsfähig (sprich richtig hell) und ausdauernd sind.

Da Du Deine Hände für´s Fotografieren benötigst, bietet sich ergänzend eine Stirnlampe an. Ideal ist ein Schuh, dessen Sohle Schutz vor Scherben und insbesondere vor Nägeln und Schrauben bietet. Da spreche ich, wie oben erwähnt, aus eigener Erfahrung; ich hatte seinerzeit Sandalen an. Generell solltest Du Dich langsam fortbewegen und möglichst so eine Tour nicht alleine unternehmen. Mindestens zu zweit solltest Du sein und im Idealfall ist noch eine dritte Person außerhalb des Lost Places im Bilde, was Du gerade machst. Und wie lange Deine Foto-Tour vermutlich dauern wird.

Nicht jede Bodenplatte hält Dich, nicht jede Wand ist auch noch eine und so manches Loch im Boden übersieht man im Eifer des Gefechtes schnell. Insbesondere dann, wenn Deine volle Aufmerksamkeit dem Foto und der Kamera in der Hand gilt. Aus der Wand herausragende Drähte und allerlei Metallmüll auf dem Boden triffst Du typischerweise in verfallenen Industrieanlagen an. Ein Stolpern und Krachen auf den Boden führt Dich häufig direkt ein Stockwerk tiefer, darum sind langsame bedachte Schritte sehr hilfreich. Ein Blick nach oben ist ebenfalls eine sehr gute Versicherung, mal hängt was herab, mal kracht was runter und weichst Du aus, rutscht Du vielleicht auf glitschigem Boden aus.

An manchen Lost Places solltest Du auch darauf achten, nicht viel vom umliegenden Staub aufzuwirbeln. So manches ist hochgiftig und teilweise der Grund, warum abgesperrt und nicht kostenintensiv abgerissen wurde. Darum solltest Du Dich vorher genau erkundigen, was Dich am Ort erwartet. So wertvoll kann Dein mögliches Knaller-Foto gar nicht werden, dass Du einen bleibenden gesundheitlichen Schaden erleidest. Besonders das Thema Asbest ist gerade bei Häusern und Hallen aus vergangenen Zeiten nicht zu unterschätzen. Damals wurde das gerne und arglos verbaut.

Eine weitere nicht zu unterschätzende Gefahr geht nicht von Deinem verfallenen Motiv aus, sondern von anderen Interessierten. Meistens sind Lost Places alles andere als vergessene einsame Orte, die Du als Einziger fotografisch erkundest. Bestenfalls triffst Du auf "spielende" Jugendliche, die den rottenplace als Abenteuerspielplatz nutzen. In alten Kasernen treffen sich häufig Paint-Ball-Spieler, um im echten realitätsnahen Umfeld den Gegner per Farbschuss zu erledigen. Leider sind aber auch die randalierenden Vandalen von solchen Orten magisch angezogen und zerstören gewissermaßen Dein Fotomotiv. Drogen, Alkohol und vagabundierende Obdachlose könnte auch ein Thema für Dich werden. Besonders, wenn Du das romantische Aktfoto in der alten Montagehalle anstrebst, solltest Du den Faktor Kriminalität an diesem Ort nicht vergessen. Auch hier nochmal der Tipp, solche Exkursionen nicht allein und möglichst im kleinen Team zu planen.

Lost Places in südlichen wärmeren Regionen geben einer Vielzahl an Tierarten ideale Lebensbedingungen. Hier solltest Du Dich im Vorfeld schlau machen, was Dich gegebenenfalls erwarten kann.

Auch alte ausrangierte Schiffe bieten eine Fülle an Motiven.

Auch alte ausrangierte Schiffe bieten eine Fülle an Motiven.

Auch alte ausrangierte Schiffe bieten eine Fülle an Motiven.

4. Welche Fotoausrüstung ist ideal?

Die ideale Fotoausrüstung hat einen vollen Akku und eine leere Speicherkarte...

Ansonsten wird es schwierig, eine ideale Ausrüstung zu benennen, da die Anforderungen von Lost Place zu Lost Place variieren. Ich bevorzuge meinen kleinen Rucksack, in dem ich meine Kamera gut tragen kann und meine Hände frei habe. An den Kameras habe ich immer Handschlaufen, die ich mir schön am Handgelenk stramm ziehe. Von den Umhänge-Gurten halte ich persönlich nicht so viel, das ist mir immer zu viel Gebaumsel.

Zugenagelte Fenster, düstere Hallen und stockfinstere Kellerräume wirst Du künstlich beleuchten müssen. Da es an den meisten Locations keinen Strom mehr gibt, beschränkt sich das künstliche Beleuchten auf den Einsatz Deines Blitzes. "Wie im normalen Leben auch," erzielst Du durch indirekte und verteilte Blitze die besten Ergebnisse. Sieht man Deinem Lost Place Foto nicht an, dass Du künstlich aufhellen musstest, hast Du es richtig gemacht. Systemblitze, indirekte Blitze und ferngesteuerte Blitze bestimmen damit auch gleich die Grundanforderung an Deine Kamera:

DSLR oder Systemkamera.


Ist in Deinem Lost Place jedoch normales Licht vorhanden, solltest Du es auf jeden Fall nutzen. Gerade das natürliche Licht ist ein wesentlicher Bestandteil Deines Motivs und sorgt für eine passende Stimmung. In so einem Fall solltest Du ein Dreibein-Stativ dabei haben. Die Anforderungen an die Kamera beschränken sich auf die manuelle Steuerung der Belichtung oder vergleichbare
Einflussnahmen. So gesehen reicht auch die gute Digitalkamera.

Wenn Du schon im Vorfeld absehen kannst, was an körperlich zu überwindenden Hürden auf Dich zu kommt, solltest Du Deine Kameraausrüstung unbedingt darauf abstimmen. Klettertouren über die Stockwerke mit Stativen und einer großen Kameraausrüstung sind unpraktisch und mitunter gefährlich. Beschränke Dich in solchen Fällen auf´s Wesentliche, die
schlanke Kleine könnte eine gute Alternative sein.

Um es nochmal klar zum Ausdruck zu bringen:
Lost Places benötigen keine speziellen Kameras oder Objektive. Dieser Bereich ist, abgesehen von der anfangs fremden Atmosphäre, im Grunde Standard-Fotografie mit etwas Innenaufnahmen, verbunden mit einem Schuss Available Light. An Brennweitenbereichen sollten Dir ein Weitwinkel bis Tele zur Verfügung stehen, auch hier wird wieder das 28-200mm Objektiv mitsamt
UV-Filter (Schutz vor Schmutz) der am besten passende Bereich sein (bezogen auf Kleinbild, als APS-C empfehle ich 18-200mm).

Da kribbelts doch förmlich mal hineinzugehen und fotografisch loszulegen...

5. Foto-Tipps zu Lost Places

Überlege Dir, warum Du über ein altes verlassenes Firmengelände streifst, oder durch ein eingeschlagenes Fenster in die ehemalige Kaserne einsteigst. Was führt Dich in das uralte Sanatorium, das seit Jahrzehnten vor sich hinrottet?

Du suchst nach Relikten aus der Zeit, als hier noch Leben war. Du möchtest das Vergangene spüren, fragst Dich anhand dessen, was Du aktuell siehst, wie es hier mal war. Ein halbzerfallener Holzstuhl an einem morschen und verdreckten großen Tisch, was mögen hier für Leute gesessen haben? Was haben sie geredet, was waren ihre Sorgen, was haben sie an dem Tisch gegessen und wer waren sie?

Lost Places erzählen Geschichten längst vergangener Blütezeiten und regen Deine Phantasie an.
Im Grunde ist das Deine fotografische Herausforderung.

Wenn ein Hochzeitsbild vom schönen Paar das Glück der Liebe in dem Moment für immer festhalten soll, ist das Foto am Lost Place ein Fenster in die Vergangenheit. Je besser Dein Foto arrangiert ist, umso eher wird Dir der Bildbetrachter folgen und sich in die Welt Deines Lost Places fallen lassen. Du hast es geschafft, wenn der Bildbetrachter vom Foto inspiriert beginnt, sich vorzustellen, was wohl geschehen ist, warum sich was geändert hat und wie es so geworden ist.

Neben all den örtlichen Gegebenheiten überhaupt den richtigen Standpunkt für Dein Foto zu finden, ist die atmosphärische Darstellung Deine fotografische Herausforderung. Ein teilweise zersplittertes Geschirr auf einem verrotteten Schrankelement neben einem verstaubten Uralt-Kofferradio wirst Du kaum ansprechend fotografieren können, wenn Du Deine Digicam mitsamt des eingebautem
Platsch-Frontal-Blitzes einsetzt. Dein Bestreben muss es sein, das vorhandene Licht so einzusetzen, dass Dein Motiv seine reale Natürlichkeit nicht verliert. Reicht das natürliche Licht für Dein Foto nicht aus, was beim Einsatz eines Statives schon sehr unwahrscheinlich sein dürfte, setzt Du Deine Blitzgeräte so ein, dass sie eine natürliche Beleuchtung nachempfinden. Am einfachsten ist da sicher das indirekte Blitzen nach oben zur Decke, sofern eine vorhanden ist. Das kann aber auch ein seitliches Licht sein (Blitz von rechts oder links), was den Eindruck eines Lichteinfalls von einem Fenster gleicht.

Wenn Du mit einem Stativ arbeitest, bieten sich zur gezielten Beleuchtung kleine handliche LED-Lenser an, mit denen Du akzentuierende Kicker Lights setzen kannst. Je echter und morbider Dein Motiv auf dem Foto wirkt, umso besser ist Dein Ergebnis. So eine
Uralt-Kofferradio-Szenerie ist übrigens nicht ausschließlich einer DSLR vorbehalten. Mit einer LED-Taschenlampe, einer schlanken Kleinen und etwas kreativem Improvisationstalent gelingt Dir das Foto ebenso. Das kreative Improvisationstalent brauchst Du, um in dem ganzen Gerümpel ein alternatives Stativ zu finden. Das könnte die Rückenlehne des alten Sessels oder das verfallene Regal neben Dir sein. Für Lost Places brauchst Du viel Kreativität, Tatendrang und Improvisationsgeschick. Bei manchen Fotos entscheidet das nachhaltiger über das Gelingen Deines Fotos, als Dein fototechnisches Wissen.

Versuche die entscheidenden Details im Raum zu finden, die für Dein Gesamtempfinden ausschlaggebend sind. In unserem Beispiel ist es das Geschirr neben dem Radio auf dem Schrankelement und nicht der ganze Raum an sich. Fotografierst Du stattdessen nur den Raum als Weitwinkelfoto, kommt davon nichts rüber. Du kennst den Slogan der Fotoschule:

Rangehn´!

Das gilt auch für Lost Places. Näher Dich den Details, entdecke sie für Dein Foto und stell sie heraus. Das muss nicht jedesmal eine Makro- oder Nahaufnahme sein, Du kannst Details auch durch das gezielte Setzen der Schärfe und dem Spiel mit der Schärfentiefe optisch isolieren und zum bildbestimmenden Mittelpunkt machen. In so einem Fall wählst Du eine möglichst offene Blende (kleine Blendenzahl) und erzielst eine kleine Schärfentiefe, die nur unwesentlich bis hinter Dein Motiv reicht. Welchen ISO-Wert Du am besten einstellst, hängt von dem Licht, der Möglichkeit Deine Kamera ruhig abzulegen (Stativ) und den örtlichen Gegebenheiten ab. Pauschal solltest Du mit dem ISO-Wert immer so weit runter, wie es eben für ein gutes Gelingen Deines Fotos noch gerade geht. Das Foto vom Stativ braucht keinen hohen ISO, denn da ist es egal, ob die Verschlusszeit im Gegenzug etwas länger wird. Freihand sieht das schon anders aus; übrigens würde ich bei Freihand-Fotos immer die Bildstabilisierung einschalten. Ein paar Verwackel-Reserven schaden nie.

Ein paar ganz altes Foto aus den 80ern, fotografiert auf Schwarzweißfilm und teilweise nachträglich manuell coloriert. Solche Bildveredelungen bieten sich bei dieser Art der Fotografie an, da sie den alten verfallenen Charakter zusätzlich unterstützen.

Ein ausrangierter Schienenbus im ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerk in Schwerte-Ost.

Lost_006
Lost_009

Auch für die Lost Places-Fotografie empfehle ich Dir die Zeitautomatik Deiner Kamera. Mit der Zeitautomatik wählst Du manuell und bewusst die Blende vor, während Deine Kamera die passende Belichtungszeit automatisch dazu einstellt. Über diesen Weg hast Du eine maximale Einflussnahme auf die Belichtung und Ausdehnung der Schärfentiefe, bei gleichzeitiger Gewissheit ein korrekt belichtetes Foto zu bekommen. Den Autofokus stellst Du auf Spotmessung-Mitte ein und kannst Dein Detail anvisieren und sicher sein, das Dir Wichtige im Motiv auch tatsächlich scharf abgebildet zu sehen.

Nutze an diesen Orten lieber Dein Offenes Auge, als mit der manuellen Steuerung Deiner Kamera rumzuspielen.

Die Lichtverhältnisse sind meistens sehr komplex und auch für erfahrene Fotofans häufig schwer einzuschätzen. Das schreit schon förmlich nach manuell fehlbelichteten Fotografien, verbunden mit jeder Menge vergeudeter Zeit, die Du lieber in die Detailsuche investieren solltest.

Auf Kos am Salzsee bei Tigaki

Wie bereits erwähnt, ist das Entdecken von Lost Places nicht auf Deine direkte Umgebung beschränkt, auch andere Länder haben da einiges zu bieten. Diese Fotos entstanden auf Kos an einem ausgetrockneten Salzsee nahe Tigaki. Ich weiß leider nicht, für was diese Bahnen und besonders das verfallene Haus einmal genutzt wurden, ich denke mal für die Salzgewinnung. Im Inneren des verfallenen Hauses hat mir meine Nase allerdings etwas ganz anderes signalisiert, da könnte man eher ein “Männer links und Frauen rechts - Schild” erwarten...

So mancher rottenplace zeigt dagegen durchaus belebende Aspekte, wie auf den Fotos unten gut zu sehen ist:

Auf Kos

Ein anderer Punkt der Fotografie dürfte dagegen durchaus hilfreich sein:

die HDR-Fotografie.

Falls Deine Kamera die Funktion direkt mitbringt, geht´s noch einfacher. Gleiches gilt für die verschiedenen
DRI-Kontrastausgleichsvariationen verschiedener Kamerahersteller. Leider hast Du es an Lost Places verstärkt mit extremen Kontrasten zutun, die Du über die HDR-Methode gut in den Griff bekommen kannst. Sonnenlicht, das durch die Fenster scheint und im gleichen Raum tiefste dunkle Schatten schreien förmlich nach HDR. Je nach "Lichtlage" kann auch ein Aufhellblitz helfen, die Helligkeitsunterschiede in den Griff zu bekommen. Genaue Tipps findest Du in den entsprechenden Rubriken der Fotoschule.

Leider werden immer mehr Lost Places so verschlossen, dass ein "Eindringen" nicht mehr möglich ist. Das hat in erster Linie etwas mit Vermüllung und Vandalismus zu tun. Leider ziehen solche Orte hirnlose Rabauken an, die meinen hier richtig durchdrehen zu dürfen, da es ja eh schon alt und verfallen ist. Es gibt aber auch die Art von Fotofans, die nach einem Shooting eine Müllhalde hinterlassen, oder an den Orten für ihr Foto alles Mögliche verändern und auch bewusst zerstören. Aus meiner Sicht ist das hier genauso wenig angebracht, wie an anderen Orten, an denen Deine Fotos entstehen sollen. Du solltest Deinen Lost Place so hinterlassen, wie Du ihn vorgefunden hast. Das ist eine einfache Verhaltensregel. Und davon habe ich noch eine, ganz zum Schluss zu diesem Kapitel:

Kein Foto ist so wichtig, seine Gesundheit dafür zu riskieren!

Bei allem Eifer und Tatendrang, versuche Deinen klaren Kopf zu behalten und bewerte das Risiko richtig.




Fotofan Frank besitzt eine Bridgekamera und hat der Fotoschule folgende Email gesendet:

Atzeichen

.

 

 

 

 

 

 




 


Von: Frank
Gesendet: 2.Mai 2015
Kommentar: Lost Places

Hallo Ralfonso,
ich möchte Dir für die Fotoschule "Lost Places" mein (zweit) Lieblingsbild überlassen, dass ich mit meiner neuen Sony Bridge geschossen habe.
Ich habe es nur leicht bearbeitet, etwas zugeschnitten und die Farbsättigung fast auf schwarz/weiß gestellt.
Vielleicht gefällt es Dir auch.
Sony DSC HX400V; Blende: f2,8; 1/30Sek; ISO125; ohne Blitz aus der Hand und mit der "goldenen" Automatik aufgenommen. (bei Sony gibt es zwei davon, golden und grün)
 
Viele Grüße
Frank
 

.

 

 

 

 

 

 


 

 

Frank Zirnstein

Das Foto von Fotofan Frank zeige ich gerne, noch dazu ist es ohne großes Trallala „nur“ mit einer Bridgekamera und „nur“ im Automatikmodus entstanden. Es bestätigt sehr überzeugend die Auffassung der Fotoschule, dass es für ein aussagestarkes Bild völlig unerheblich ist, wie es entstand (Kameratyp, Belichtungseinstellung und sonstige Ausrüstungsgegenstände…).

Es wird kein besseres Bild, nur weil die Belichtungsdaten manuell eingestellt wurden und auch nicht, weil eine Spiegelreflex anstatt einer Bridgekamera die Sensorspeicherung übernahm.

Was hier zählte und das Bild besonders macht, ist Fotofan Franks fotografisches Auge, die Idee zum Bild und der Willen, es so umzusetzen.

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