Vieles haette ich verstanden, wenn man es mir nicht erklaert haette

Multiframe

... Rauschunterdrückung durch Mehrfachaufnahme ...

Als Du Tante Gerti während eurer Urlaubsreise abends heimlich beobachtet hast, wie sie am schönen Hafen von Ciutadella zur Blauen Stunde mit ihrer neuen Kamera fotografierte, hast Du Dich nur gewundert. Ohne Stativ, geschweige denn mit einem festen Halt, fotografierte sie die nächtliche Hafenstimmung frei aus der Hand. Dabei klackerte ihre Kamera, als wolle sie mit einem Maschinengewehr das Hafenmotiv erlegen. Du hast Dir nur gedacht, wer so beratungsresistent ist, darf nachher auch nicht jammern, wenn die Fotos alle verwackelt sind. Du hast es ihr schließlich nicht nur einmal mit Engelszungen versucht zu erklären, wie eine vernünftige Langzeitbelichtung funktioniert. Als Du sie doch noch mal angesprochen hast, schließlich sind es einmalige Motive hier und nicht so leicht zu wiederholen, bekamst Du als Antwort: "Mach Dir mal keine Sorgen, ich fotografiere mit ISO 12800 und habe das f1.4er Objektiv drauf!" Als Du das hörtest, schwebten Dir im Geiste bereits Grobpixelgrafien vor den Augen umher und Du hast Dir gedacht: na dann, gute Nacht... Das wird ja mal gar nichts.

Gerade hat Dich Tante Gerti mal wieder mit einem unangekündigten Besuch beglückt, um Dir ihre Urlaubs-Fotoausbeute zu zeigen und Du bist fast umgeschlagen: feinste Himmelspartien, kraftvolle Dämmerungsfarben und eine schon auffallend knackige Schärfe stachen Dir ins Auge. Ein Foto schöner, wie das andere. Und Du bist sprachlos. Wo sind die erwarteten verwackelten Grobpixelgrafien? Tante Gerti grinst nur: "Ich sach´ nur Multiframe..."

Blaue Stunde in Es Castell

Aus der Fotoserie Tramuntana azul, entstanden im Hafen von Es Castell.
f5.6   1/30 sec   ISO 3200   28mm Brennweite   Sony Alpha 65  Tamron 18-270mm
Mit kamerainternem Multiframe von der Hafenmauer frei Hand ohne Stativ fotografiert. Die Multiframe-Verarbeitung aus 6 Einzelfotos fand in der Kamera statt.

Wie hat sie das gemacht, was bringt es und wann macht es Sinn, die Multiframe-Technik zu nutzen?

 
Im Grunde wäre das alles gar nicht nötig, wenn Deine Kamera bei hohen ISO-Werten ebenso rauschfreie Bilder einfangen würde, wie bei Sonnenschein und somit niedrigeren ISO-Werten. Da haben wir ein Problemchen, das dank der schönen digitalen Welt besteht, aber auch eine mögliche Lösung, die nur digital zur Verfügung steht. Würden unsere Kameras diesen Hang zum vermehrten Bildrauschen bei steigenden ISO-Werten nicht haben, gäbe es diese Rubrik gar nicht erst.
Wie Du den anderen Kapiteln entnommen haben dürftest, ist der einfachste Weg gegen diesen Effekt, die ISO-Werte gar nicht erst so hochzuschrauben. Das gelingt Dir am besten mit einem Stativ und entsprechend langen Verschlusszeiten. Das mögliche Verwackeln eliminierst Du durch die feste Kamerafixierung auf dem Stativ (siehe z.B. die Rubriken
Blaue Stunde, oder Nachtaufnahmen). Dummerweise ist es aber so, dass Du nicht ständig mit einem Stativ unterwegs bist und trotzdem in Fotosituationen rauschst, wo Du es dringendst brauchen könntest. In solchen Situationen hilft dann nur der Weg über den Push der ISO-Werte, Du machst Deine Kamera also künstlich lichtempfindlicher. Das kannst Du soweit treiben, dass Du tatsächlich wieder Verschlusszeiten erzielst, die auch ein "Aus-der-Hand-Foto" nicht verwackeln lassen. Der hohe Preis dafür ist das Bildrauschen. Und da heutzutage ja keiner mehr hohe Preise für was auch immer zahlen mag, muss es doch einen Plan B geben?

Den gibt es.

Einige aktuelle SLR (Sony Alpha 65 und 77), wie auch verschiedene Systemkameras und Digicams (NEX-Serie von Sony oder Nikons Coolpix P300), bieten die Möglichkeit, ein Motiv in schneller Folge mehrfach (6 bis zu 12 Einzelfotos) abzulichten und die Aufnahmen dann zu einem Bild mit deutlich reduziertem Rauschen zu vereinen. Das war beispielsweise das Rattern an Tante Gertis Kamera zur Blauen Stunde in Ciutadella. Diese Technik steht aber nicht nur Besitzern einer Hightech-Kamera zur Verfügung, zur nachträglichen Rauschminderung lässt sich jedes Bildbearbeitungsprogramm nutzen, das eine Ebenen-Stapelverarbeitung beherrscht. Die Voraussetzung ist natürlich, dass Du auch genügend Futter in Form von fast identischen Serienaufnahmen liefern kannst. Somit sollte Deine Kamera zumindest den Serienbildmodus mit mehreren Bildern pro Sekunde schaffen.



Wie verschwinden denn nun die unzähligen störenden Rausch-Pixel?

Rauschen hat was mit Stochastik zu tun. Einfach ausgedrückt heißt das: ein Störpixel tritt zufällig immer nur an irgendeiner Stelle auf, bei zwei oder mehr Aufnahmen wird er nicht an der derselben Stelle vorhanden sein. Bei der Überlagerung der ganzen Einzelfotos werden Pixel für Pixel die Helligkeitswerte überlagert und daraus der rechnerische Mittelwert gebildet. Du kannst Dir das so vorstellen, dass ein Pixelfehler bei einem von den 10 Einzelfotos an einer bestimmten Stelle zu sehen ist, bei den anderen neun jedoch nicht. So führt das Überlagern dazu, dass er sich gegen die anderen neun "richtigen" Bildinformationen nicht behaupten kann und ganz einfach untergeht; so brutal geht die Rauschunterdrückung im Multiframeverfahren vor. So gesehen ist die Multiframetechnik etwas ähnlich der Demokratie: “es geht um die Unterdrückung von Minderheiten...”

Damit Du entsprechend verwendbare Vorlagen für Dein Multiframing bekommst, musst Du bei der Aufnahme bereits ein paar Regeln befolgen. Das betrifft nicht unbedingt die Besitzer einer der oben erwähnten Kameras, die vollautomatisch den gesamten Bearbeitungsablauf in der Kamera erledigen. Wie schon erwähnt, ist als Erstes die Aufnahmeserie an der Reihe. Je mehr Aufnahmen Du schießt, umso wirksamer lässt sich durch deren Überlagerung das Pixel-Rauschen reduzieren. Für ein gutes Ergebnis brauchst Du mindestens 6 Fotos, ideal sind 10-12 Aufnahmen. Wichtig ist es aber, dass sich Deine Kameraposition und vor allen Dingen Dein Motiv während der Aufnahmeserie möglichst nicht ändern. Darum sind entsprechend kurze Verschlusszeiten und somit ein höherer Bilddurchsatz im Serienbildmodus wichtig. Das erreichst Du eventuell durch einen nochmals gesteigerten ISO-Wert. Ebenso wichtig ist das Ausschalten der kamerainternen Rauschunterdrückung und sonstigen Bildaufbereitung. Das würde in der Überlagerung der Einzelaufnahmen sonst zu richtigen Qualitätseinbußen führen, da sich die Einzeleingriffe der Kamera hier multiplizieren würden.

Fotofan Michael hat mir hierzu einige Zeilen aus seiner, sehr erfolgreichen, Praxis geschrieben:

Atzeichen

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Von: Michael Schütze
Gesendet: Freitag, 12. Oktober 2012 23:56
An: Die Fotoschule

Betreff: Multiframe

Hallo Ralfonso,

ich habe ein paar Bilder fertig bekommen. Ich habe 2 Nachtaufnahmen, wo es darum ging, dass ich kein Stativ hatte und ich mit hohem ISO Bilder machen musste. Die Multiframe-Methode hat mir anschließend rauschfreie Bilder ermöglicht.
Um ordentlich zu entrauschen, sollte man 10 oder mehr Bilder machen (dank 12fps bei der A77 kein Problem). Minimum ist jedoch 6! Alles darunter reduziert nicht mehr effektiv.
Die Kamerainterne Multiframe Rauschunterdrückung in jpg macht auch 6 Bilder, ISO unabhängig.
Ich nutze Photoshop. Das ist komfortabel und bietet tolle Ergebnisse. Als Verrechnungsmethode nutze ich "median". Kostenlose Freeware gibt es, Gimp z.B. Wer nicht so gut klar kommt, mit den Programmen, kann es ja auch händisch machen, erste Ebene 100% Deckkraft, 2. Ebene 50% Deckkraft, 3. Ebene 25% Deckkraft...

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Und ich hab ein Bild, da ging es nicht um´s Rauschen, sondern darum, Menschen aus dem Bild zu bekommen. Hier hab ich ein Stativ genutzt, um mir die Rechenarbeit der Angleichung zu sparen. Um die Menschen weg zu bekommen hab ich 28 Bilder gemacht, und beim Aufnehmen der Bilder sehr mitgedacht. Ich hab mir eine Stelle herausgesucht und wenn da grad keiner war, hab ich ausgelöst, nächste Stelle...
So hat das Aufnehmen der 28 Bilder rund 5 Minuten gedauert, aber es sind auch alle Menschen verschwunden.

Ich hoffe, du kannst was mit den Bildern anfangen?
 
Beste Grüße,

Micha
 

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Folgende Bildbeispiele hat er der Fotoschule freundlicherweise zur Verfügung gestellt:

Michael_Schuetze_003

Von Fotofan Michael, Marina Yachtclub.
ISO5000   f2.8   0,0666 sec.   Sony Alpha 77 
Mit Photoshop in Einstellung median multigeframed, frei Hand ohne Stativ fotografiert.

Michael_Schuetze_002

Von Fotofan Michael, Burj Khalifa in Dubai.
ISO6400   f4   0,05 sec.   Sony Alpha 77 
Mit Photoshop in Einstellung median multigeframed, frei Hand ohne Stativ fotografiert.

Die Weiterverarbeitung am Blechotto (für diejenigen, die ein Rauschunterdrückungssystem per Multiframe nicht in der Kamera integriert haben) funktioniert am besten mit einer Bildverarbeitungssoftware, die die verschiedenen Bilder in Ebenen ausgerichtet übereinander legt. Die unterste Ebene als Hintergrund-Ebene bleibt bei der maximalen Deckkraft von 100 Prozent. Die darüber erhält eine Deckkraft von 50 Prozent, die nächste 30 Prozent, die folgende (also die vierte Ebene von unten) 25 Prozent und so weiter. Wenn der Mittelwert aller Ebenen auf diese Weise gebildet wurde, kann Dein gesamtes Stapelpaket auf eine einzelne Hintergrundebene reduziert werden. Schwups, Deine Mehrfachbelichtung ist fertig und das Bildrauschen futsch. Solltest Du Dir den Luxus einer Photoshop-Version gegönnt haben, geht es noch etwas einfacher: wenn Du Deinen Stapel als Smart-Objekte lädst (Ebene, Smart-Objekte, In Smart-Objekt konvertieren, Stapelmodus), übernimmt Photoshop für Dich die manuellen Einstellungen oben.

Immer, wenn das Thema Multiframe-Rauschunterdrückung im Internet diskutiert wird, fällt nach kurzer Zeit der Einwand: "Warum dann nicht gleich mit Low ISO und standardmäßig niedrigem Rauschen?"
Schließlich darf sich das Motiv zwischen Deinen Einzelbildern auch nicht zu sehr verändern, sonst klappt das Multiframing nicht korrekt.
Das stimmt in gewisser Weise, aber auch nicht. Der Hauptvorteil ist, dass Du kein Stativ dabei haben musst. Ebenso ist es gerade bei den "multiframe-fähigen" Kameras so, dass geringfügige Abweichungen in den Einzelfotos berücksichtigt und gegebenenfalls heraus gerechnet werden. Durch die erzielbaren kurzen Verschlusszeiten sind die Einzelaufnahmen für eine Serie innerhalb kürzester Zeit auf der Speicherkarte, die Alpha 77 benötigt dafür ca. 1 Sekunde. So erweitert sich der Kreis Deiner möglichen Motivfelder bereits erheblich, verglichen mit einer sekundenlangen Einzelbelichtung bei ISO 100. Multiframe ist somit eine Möglichkeit, auch bei schlechten Lichtverhältnissen ein Maximum an Flexibilität und Bildqualität zu erzielen.

Michael_Schuetze_001

Von Fotofan Michael, Am Schloss.
28 Einzelbilder verteilt auf 5 Minuten   Sony Alpha 77 
Mit Photoshop in Einstellung Medial multigeframed, mit Stativ fotografiert. Bei dem Ausschnitt unten kannst Du erkennen, was für Menschenmassen über diesen Weg auf dem großen Hauptplatz verschwunden sind. Multiframe ist eine geniale Möglichkeit, überfüllte Plätze menschenleer zu fotografieren.

Michael_Schuetze_001b
Michael_Schuetze_004

Fotofan Michael hat mit dem Foto oben bereits ein eindrucksvolles Beispiel für ein mögliches weiteres Einsatzfeld gebracht:

Menschenleere Plätze dank Multiframe.

Durch das gezielte Erstellen einer Multiframe-Serie sind über diesen Weg einzigartige Fotos zu realisieren. Um hier brauchbare Ergebnisse zu erzielen, musst Du allerdings anders vorgehen, als beim Erstellen der Einzelfotos für einen ISO-bedingten Pixel-Rausch-Ausgleich. Das kamerainterne Multiframing nützt Dir hier nichts. Es geht vielmehr darum, Deinen Platz so zu fotografieren, dass es mindestens ein Bild von einer Stelle gibt, wo sich gerade kein Mensch befindet. So sammelst Du über einen gewissen Zeitraum (der durchaus, wie Fotofan Michael beschreibt, einige Minuten dauern kann) Deine Einzelaufnahmen zusammen, um in der Summe ein Bild zu bekommen, dass alle Stellen des Platzes menschenleer zeigt (eben zusammengebaut aus den Einzelbildern, die zumindest einmal den Platz und nicht den störenden Menschen an einer bestimmten Stelle zeigen). Auch hier könnte man den Einwand bringen, dass eine Langzeitbelichtung einen vergleichbaren Effekt erzeugt. Das stimmt, allerdings mit der Einschränkung, dass Du eine Langzeitbelichtung nur bis zu einem gewissen Grad erzielen kannst. Selbst mit voller Abblendung, niedrigstem ISO und dunkelstem Graufilter ist nach einer gewissen Belichtungszeit Schluss, danach wird das Foto überbelichtet. Bewegt sich in dieser Zeit ein Mensch nicht vom Fleck, bleibt er auf dem Foto. Nur sich schnell bewegende Menschen verschwinden vollständig, sich langsam bewegende Menschen werden teils verwischt, teils als Farbschlieren trotzdem abgebildet. Bei dem Weg über das Multiframing hast Du deutlich mehr Zeit und kannst das hinter Deiner Kamera aussitzen, bis sich die Person X endlich von der Stelle bewegt. Übrigens brauchst Du bei beiden Methoden, Langzeitbelichtung mit Low-ISO, wie auch beim Multiframing, ein Stativ oder stativähnlichen festen Standpunkt.

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